Samstag, 14. Dezember 2019

Gesundheitshaus Metatron: Gewalt zugegeben und geleugnet

Kommentar zum Frontal21-Bericht "Das göttliche Projekt - Gesundheitshaus Metatron" vom 3. Dezember 2019.
Bild: ZDF/ Screenshot. Siehe Link am Ende des Artikels.
Im Kinderheim des Gesundheitshaus Metatron im brandenburgischen Nennhausen sollen Kinder niedergebrüllt, geschlagen und geschubst werden, berichtet ein ehemaliger Bewohner. Auch komme es vor, dass die Betreuer*innen sich auf Kinder drauflegen, bis diese still sind. Statt traumatisierte Kinder therapeutisch und gegebenenfalls medizinisch zu behandeln, gibt es Homöopathie und schamanistische Rituale.

Auf Facebook zeigen sich viele entsetzt über die Methoden. Andere versuchen, das Gesundheitshaus zu verteidigen. Das stimme alles gar nicht, heißt es. Schamanismus gäbe es da nicht und Gewalt schon gleich gar nicht. Das Gesundheitshaus Metatron selbst wirbt auf seiner Webseite unter anderem damit, neo-schamanistische Rituale anzubieten. Sollten sich die Metatron-Fans vielleicht mal anschauen, bevor sie reflexartig "Lügenpresse!" schreien. Laut dem Frontal21-Bericht hat die Leiterin des Gesundheitshauses Bärbel Prenzel selbst bekannt, auch mit den Kindern schamanistisch zu arbeiten. Es gäbe nur zwei Tabus: "Keiner wird umgebracht und keinen Sex." Wie beruhigend. Dass sich Erwachsene auf Kinder drauflegen, geben die Tochter von Bärbel Prenzel und ein Kollege unumwunden zu: "Ich hatte zwei Situationen wo ich auf sie draugesprungen bin." - "Um sie zu erden, draufgelegt!" - "Weil sie fängt dann auch an, einen zu beschimpfen und zu schmeißen. Und da hilft nur Körper." (Gedächtnisprotokoll der Reporter, nachgesprochen im Beitrag). Viele der Kinder kommen bereits mit Traumata ins Kinderheim: Gewalt, sexueller Missbrauch, Vernachlässigung. Unvorstellbar, was es etwa mit einem Opfer sexuellen Missbrauchs macht, wenn eine erwachsene Person sich auf das Kind drauflegt, bis es entkräftet aufgibt. Wer vorher noch kein Trauma hatte, hat hinterher eins.

In einem Artikel der Märkischen Allgemeinen vom 11. Dezember verteidigen sich die Metatron-Verantwortlichen: "Wir machen das, was gemeinhin üblich ist, wir müssen diese Kinder eine Zeit lang festhalten, um sie vor sich selbst zu schützen", wird Johannes Knickenberg zitiert, einer der Verantwortlichen für das Kinderheim. Sich ein Kind draufzulegen bis es aufgibt, hat mit "es vor sich selbst zu schützen" nichts zu tun. Vielmehr müssen Kinder vor Menschen wie Knickenberg oder Prenzel geschützt werden. Die Dringliche Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Landtag Brandenburg und Prüfungen des Landkreises sind ein Anfang. Fraglich ist, ob es ernsthafte Konsequenzen gibt. Ein solches Heim "darf eigentlich gar nicht bewilligt werden, darf eigentlich nicht weiterarbeiten", so die Psychologin Irmela Wiemann, die die Methoden und irrationalen Ideologien scharf kritisiert. Wichtig ist, auch andere Organisationen unter die Lupe zu nehmen, die mutmaßlich oder nachweislich Kindesmisshandlung in ihr "pädagogisches" oder "therapeutisches" Konzept integrieren. Die bisherige Ignoranz der Behörden in Bezug auf Kindesmisshandlung, insbesondere im Kontext von Pseudo-Therapien, stimmt jedoch eher skeptisch.

Auch wenn weder auf der Webseite des Gesundheitshauses noch im TV-Bericht der Begriff Festhaltetherapie oder der Name Jirina Prekop genannt wird: Es passt schon alles gut zusammen. Die Ideologie vom Karma, also dass Menschen - auch Kinder - selbst für alles schlimme verantwortlich sind, was ihnen widerfährt, die damit verbundene Täter-Opfer-Umkehr, die manipulativen Aufstellungen, das Gefasel von der "gestörten Ordnung" und die übergriffigen Methoden. Was würde Bärbel Prenzel wohl einem im Gesundheitshaus traumatisierten Kind sagen? Selber Schuld, hast halt schlechtes Karma.

Der Frontal21-Beitrag steht bis zum 3. Dezember 2020 in der ZDF-Mediathek zur Verfügung: https://www.zdf.de/politik/frontal-21/gesundheitshaus-metatron-100.html